Die erste Prüfung des zweiten Examens stand an. Nach 4 sehr lernintensiven Wochen ging es mit der pharmazeutischen Chemie los. Besonders gut vorbereitet fühlte ich mich jedoch nicht…
Nachdem ich den Zettel unterschrieben hatte, dass ich mich gesundheitlich in der Lage fühle, an der Prüfung teilzunehmen, bekam ich auch schon meine Karte, auf der die drei Themen standen.
1. Thema: Aciclovir
Als erstes stand der Begriff Aciclovir und ich sollte erzählen, was das ist und was mir dazu einfällt. Ich sagte, dass es sich dabei um ein Virusstatikum handelt und dass es als falscher Baustein in die DNS eingebaut wird. Dann hab ich es aufgezeichnet und sollte sagen, warum der Riboserest in offener Form vorliegt und was daran anders sei, als bei dem Zucker Ribose. Er wollte dabei auf die freie 3. Position heraus, wodurch es zum Kettenabbruch kommt.
Dann fragte der Prüfer, wie es mit der Bioverfügbarkeit aussieht. Die ist bei Aciclovir eher schlecht. Er fragte, wie man das verändern könnte und ob mir ein Wirkstoff einfällt. Er wollte dabei auf die Veresterung mit der Aminosäure Valin heraus, wie es beim Prodrug von Aciclovir, dem Valaciclovir der Fall ist. Dann fragte er noch, ob ich den Wirkstoff Penciclovir kenne. Diesen sollte ich ebenfalls aufzeichnen und sagen, was daran anders ist und warum der Wirkstoff trotzdem gut geeignet ist. Also das Penciclovir eine OH-Gruppe besitzt, die die 3. Position simuliert. Der Wirkstoff setzt sich trotzdem als falscher Baustein in die DNS, führt aber nicht zum Kettenabbruch. Die Polymerase erkennt ihn aufgrund seiner Struktur trotzdem als falschen Baustein.
Anschließend wollte er noch die eigentliche Wirkform wissen, also dass es als Triphosphat vorliegt und das der erste Phosphat-Rest von der viralen Kinase und die anderen beiden Phosphat-Reste von der humanen Kinase gebildet werden, weshalb die Wirkstoffe spezifisch die Viren angreifen.
2. Thema: Thiamin
Daraufhin kamen wir zum zweiten Thema Thiamin. Was ist das? Vitamin B1.
Nachdem ich es aufgezeichnet hatte, fragte er mich, ob ich was zu der Stabilität sagen könnte. Ich meinte, dass es im alkalischen Instabil ist. Ich sollte dann beide Mechanismen, im schwachen und starken alkalischen Milieu aufzeichnen und erklären. Er wollte dabei genau sehen, wie die Bindungen klappen und warum die OH-Gruppe genau an diese Position angreift. Anschließend wollte er wissen, was Thiamin im Organismus überhaupt für eine Aufgabe hat. Bin nicht sofort darauf gekommen. Er gab mir dann den Tipp, dass es ein komplexer Reaktionsmechanismus ist, an dem noch andere Partner beteiligt sind. Dann viel es mir ein…er wollte auf die Pyruvatdecarboxylase-Reaktion heraus. Ich sollte dann Pyruvat aufzeichnen und sagen, wo es angreift und warum das so funktioniert. Dann sollte ich eigentlich noch den gesamten Mechanismus aufzeichnen und erklären, wofür wir dann aber keine Zeit mehr hatten.
3. Thema: Amorolfin
Ich sollte dann noch schnell was zur Strukturformel Amorolfin erzählen. Bin leider nicht darauf gekommen. Er gab mir dann den Tipp, dass ich auf die Polarität schauen sollte…das Molekül ist sehr lipophil. Also kann es wo im Körper besonders gut wirken? Er wollte damit auf die Haut hinaus. Er hat mir dann aber letztendlich gesagt, dass es sich bei dieser Struktur um das Antimykotikum Amorolfin handelt. Hab dann nur noch schnell gesagt, dass er in die Ergosterol-Biosynthese eingreift und welche zwei Enzyme es hemmt. Ich glaube, dass wollte er eigentlich gar nicht mehr wissen, aber ich wollte irgendwie noch was zu diesem dritten Thema sagen.
Das war’s dann auch schon. Er meinte dann noch, dass es nicht so schlimm war, dass ich die Struktur nicht erkannt habe, da es der einzige Wirkstoff aus der speziellen Klasse war und man auch nicht so viel dazu sagen könne.
Ansonsten war er echt sehr nett und hat Tipps gegeben, sodass man dann doch irgendwie selber auf die Antwort kam, auch wenn man sie gerade nicht parat hat.
Anschließend musste ich kurz den Raum verlassen und nach ein paar Minuten wurde ich wieder hinein gebeten. Das Ergebnis wurde verkündet…
Und jippi, ich hatte bestanden!